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«KENNE DEINE KUNDEN» – MEIN GASTKOMMENTAR ZUM D2C SPECIAL DER GETRÄNKEZEITUNG

Geht es dem stationären Lebensmitteleinzelhandel (LEH) an den Kragen? Für die Ausgabe 20 (September 2022) der Getränkezeitung durfte ich den Gastkommentar auf Seite 2 zum Thema E-Food, D2C und Handel verfassen.

Geht es dem stationären handel an den Kragen?

Erinnern Sie sich noch an die provokante Aussage von Rocket Internet Gründer Oliver Samwer aus dem Jahr 2013? Samwer sagte: 80 Prozent der Offline-Händler werden nicht überleben. Damals undenkbar und von vielen als Hirngespinst abgetan. Heute, rund eine Dekade später, weht dem stationären Handel ein immer rauerer Wind ins Gesicht. Sinkende Flächenproduktivität, schleichende Kundenabwanderung ins Netz und weitere Kaufzurückhaltung, Coronakrise, Lieferkettenengpässe, Rohstoffmangel, gefühlt quartalsweise Preiserhöhungen seitens Herstellern und explosionsartige Energiekostensteigerungen lassen das Plus in der DB-Rechnung abschmelzen wie die Alpengletscher in der Sommersonne.

Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren eine weitere Bedrohung mit Hilfe der fortschreitenden Digitalisierung herausgebildet und eine relevante Grösse erlangt: Direktabsatz vom Produzenten / der Marke zum Endkunden (engl. D2C) und damit neue Wettbewerber. Während im Lebensmittelbereich alteingesessene Marken mit Konzernstruktur im Rücken sich eher schwer tun, nutzen vor allem Startups mit neuen Produkten in Nischenmärkten den Direktvertrieb über den eigenen Onlineshop sowie Social Media Kanäle, um den Endkunden zu adressieren.

Dies vor allem aus 2 Gründen: Einerseits zur Umgehung der Listungshürden des LEH und den dort entstehenden Kosten. Zudem das Risiko des Scheiterns im stat. Handel bei Produktneueinführungen als hoch einzustufen ist; lediglich 1 Prozent aller Neuprodukte entgeht der Auslistung im ersten Jahr. Andererseits auf Grund des effizienten Zugangs zum Kunden und der direkten Interaktion ohne zwischengeschalteten Intermediär, der seinen Anteil der Marge abhaben möchte. 

Dass solche Modelle erfolgreich sein und gross werden können, zeigen beispielsweise die Stories von Ankerkraut, Just Spices, mymuesli oder auch der Schokoriegel-Produkte von Fitnessinfluencerin Pamela Reif. Inzwischen sind diese nicht mehr nur als reine D2C-Brands im Netz, sondern auch über die klassischen Handelskanäle zu beziehen.

Was D2C erfolgreich macht: Die Interaktion und das Wissen um den Kunden und seine Bedürfnisse. Die Relevanz des Kundenzugangs als Stärke des Handels zeigt auch die Übernahme des Getränkelieferdiensts Flaschenpost und die Verschmelzung mit Durstexpress durch die Oetker-Gruppe Ende 2020: Mit Flaschenpost hat Oetker einen Direktabsatzkanal zum Kunden übernommen, aber auch die Möglichkeit, Trends im Austausch mit den Kunden früher zu erkennen und durch eine bessere Bedürfnisbefriedigung und bessere Produkte weiter bei den Kunden relevant zu sein.

Was kann der traditionelle stationäre Handel als Fazit von erfolgreichen D2C Brands lernen? Kenne Deine Kunden, deren Bedürfnisse und richte Dein Handeln danach aus! Handel ist kein Selbstzweck und erfolgreich und der Austauschbarkeit sowie der Rabattschlacht entkommen werden die Händler, die über ein gezieltes Angebot und einen besseren Service die Bedürfnisse Ihrer Kunden bestmöglich befriedigen. 

D2C:Kenne Deine Kunden: Geht es dem stat. LEH an den Kragen? Gastkommentar vom führenden E-Food Experten Dr. Matthias Schu in der Getränkezeitung

Dieser Gastkommentar erschien in der Getränke Zeitung 20/2022 vom 29.09.2022

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ÜBER DEN AUTOR

Prof. Dr. Matthias Schu ist der führende E-Food-Experte im DACH-Raum und Autor von «Das E-Food Buch». Nach über einem Jahrzehnt in leitenden Positionen in Beratung, Business Development und Projektmanagement im In- und Ausland, lehrt er seit September 2020 als Dozent für E-Commerce und Handel an der Hochschule Luzern. Zudem berät und unterstützt er mit seiner Boutiqueberatung «Dr. Matthias Schu | retail I ecommerce | internationalization strategy», Händler und Industrie bei Projekten, Prozessen und Strategie.

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